Wissenswertes: Interview mit Bratlie nach Gefangenschaft im Irak

Während einer Hauskreisversammlung in Bagdad wird Sigurd Bratlie im Jahr 1978 verhaftet. 143 Tage lang sitzt der norwegische Missionar und Vorsteher der Brunstad Christian Church (Christlichen Gemeinde) in verschiedenen Gefängnissen, darunter auch im Abu Ghraib. Er muss strenge Verhöre, Schläge und Morddrohungen über sich ergehen lassen. Nachdem er endlich freigelassen wird, trifft Sigurd Bratlie einen jungen Journalisten bei sich zuhause in Grefsen.


– Es ist beeindruckend Bratlie‘s eigene Berichterstattung über die Zeit im Gefängnis zu hören. Ich habe ihn als äußerst demütigen und geistlichen Mann wahrgenommen.

Das sagt der, von Kirkens Nødhjelp (Kirchliche Nothilfe) zurückgetretene Generalsekretär, Dagfinn Høybråten. Er hat eine interessante Karriere hinter sich als ehemaliger Abgeordneter, Staatssekretär, Minister, Vorsitzender der Christlichen Volkspartei und Generalsekretär des Nordischen Ministerrats.

Die Geschichte von Sigurd Bratlie hinterlässt einen bleibenden Eindruck bei dem jungen Studenten und Journalisten, der ihn nach seiner Freilassung im April 1979 trifft.

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Dagfinn Høybråten (Foto: Kirkens Nødhjelp)

– Ich studierte Politikwissenschaft und arbeite nebenbei als Journalist bei „Vårt Land“ (Unser Land). Einer der Fälle, an welchem ich viel arbeite, war die Inhaftierung von Sigurd Bratlie und die Bemühungen, ihn freizubekommen. 

Sigurd Bratlie, von Beruf Schneider ist bereits in jungen Jahren ein begeisterter Missionar. Er reist durch Norwegen, Europa, Amerika und Asien und ist begeistert, wenn er Menschen trifft, mit denen er die christliche Botschaft teilen kann. Mit der Zeit wird ihm die Verantwortung für die Freikirche übertragen, die heutige Brunstad Christian Church. Im Jahr 1978 wird er gemeinsam mit Aksel J. Smith Vorsteher.

Versammelt Christen – wird inhaftiert

Der 73-jährige Sigurd Bratlie reist als Missionar nach Bagdad im Irak, damals unter Saddam Hussein`s Regime, um Kontakte mit Christen zu knüpfen. Dort wird ein Gottesdienst abgehalten, etwas das streng verboten ist unter dem Regime. Während eines Hauskreises in einem Privathaus tauchen drei Männer auf. Fast alle Anwesenden werden verhaftet, mitunter auch Bratlie.

Die Inhaftierung eines norwegischen Vorstehers einer Freikirche in einem muslimischen Land sorgt für Aufsehen. Høybråten sagt, dass dies ein außergewöhnlicher Vorfall sei, den sowohl Vårt land (Unser Land) als auch andere norwegische Medien aufmerksam verfolgen. Der junge Student und Journalist kontaktiert Sigurd Bratlie im Namen der Zeitung.

Ich begegne Offenheit und Freundlichkeit vom ersten Augenblick.“ sagt Høybråten.

Sie vereinbaren einen Termin wo er zu Sigurd Bratlie und seiner Ehefrau Rakel in ihre Wohnung in Grefsen eingeladen wird.

Die Art und Weise wie Bratlie auf die Fragen antwortet und das Erlebnis das dieser Besuch ist, hinterlässt Eindruck.

– Er erscheint stark in seiner Überzeugung und beeindruckt, offensichtlich nicht verbittert zu sein, weder über das Erlebte in Bagdad noch über die Tatsache, dass es so lange dauert, bis zur Freilassung.

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Sigurd Bratlie (1905-1996)

Interview mit einer tatkräftigen Frau

Die Geschichte hinter der Freilassung von Sigurd Bratlie bedarf aktiver diplomatischer Bemühungen. Das Außenministerium schickt mehrere Botschafter in den Irak, jedoch ohne Erfolg für den Inhaftierten, Bratlie. Mit Yvonne Huslid, verheiratet mit dem Botschafter Martin Huslid, kommt eine engagierte Frau ins Bild.

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Faksimile (Nachbildung einer Schrift/ eines Dokuments oder „Kopie“?)aus Sandefjord Blad (Sandefjord Blatt) vom Juli 1979; Yvonne Huslid begrüßt Sigurd Bratlie während der Sommerkonferenz in Brunstad.

Bestürzt darüber, dass bislang noch niemand etwas in der Sache für Bratlie erreicht hat, wendet sie sich im Februar 1979 an den Außenminister Knut Frydenlund und fragt, ob ihre Verbindungen nützlich sein können. Frydenlund beschließt, sie als seine persönlich Delegierte in den Irak zu schicken. Nachdem sie sich längere Zeit aktiv dafür einsetzt, dass Sigurd Bratlie wieder in Freiheit nach Hause kommt, wird sie von Høybråten interviewt.

– Es gibt Hinweise über Yvonne Huslids Reise nach Bagdad und ihr Treffen mit Saddam Hussein. Das ist ziemlich spektakulär, nachdem sich bereits drei norwegische Botschafter seit vielen Monaten um seine Freilassung bemühen.

Høybråten druckt das Interview aus und schickt es an den damaligen Redakteur von Vårt land (Unser Land), Thor Bjarne Bore.

– Der Redakteur zieht in Betracht das Außenministerium heranzuziehen und kurz darauf erhalte ich einen Anruft vom Außenminister Knut Frydenlund persönlich. Er spricht sein Lob aus für einen gelungenen Artikel.

Eine schmeichelnde Rückmeldung für einen jungen Journalisten. Das ist allerdings nicht die einzige Botschaft des Ministers:

– Frydenlund sieht die Veröffentlichung problematisch und lehnt diese ab. Welche Problematik er sieht, darauf geht er nicht ein.. Die Redaktion befolgt den Bescheid des Außenministeriums, erklärt Høybråten.

Das Interview wird abgesagt und nie veröffentlicht.

Das Interview jedoch, das Høybråten mit Rakel und Sigurd Bratlie führt, dagegen schon.

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– Es ist immer besser, Menschen zu treffen als nur von ihnen zu hören.

„Ich weiß nicht viel über ‚Smiths Freunde‘ und stelle während meines Interviews viele Fragen an Rakel und Sigurd Bratlie, sagt Høybråten.

Danach hat er sie nie mehr getroffen. Durch die Mitgliedschaft von Brunstad Christian Church in Norges Kristne Råd (Norwegische ökumenische christliche Vereinigung) vor ein paar Jahren, wo er Kirkens Nødhjelp (Kirchliche Hilfe in Not) vertritt, lernt er die Freikirche besser kennen.

– Es ist immer besser die Menschen zu treffen als nur von ihnen zu hören. Die meisten werden durch das Kennenlernen überzeugt“, sagt Høybråten und ergänzt: Es sei sowohl unterhaltsam als auch lehrreich. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit die ihr tut und bin, wie viele andere auch, sehr beeindruckt von dem, was ihr auf die Beine stellt.

– Wir können Licht in der Welt sein

Die Bekanntschaft hat beide Seiten erfreut Der Glaube ist das Wichtigste in seinem Leben, er ist sowohl Anker als auch Kompass. betont Høybråten. Auf der Weihnachtsfeier von BCC spricht Høybråten neulich und appelliert, ein Licht in der Welt zu sein:

– Jesus sagt: „Ich bin das Licht der Welt“, aber er sagt auch: „Ihr seid das Licht der Welt“. Wir können uns anschließen, wir können Licht in der Welt sein.

Allen die Sigurd Bratlie kennen, ist wohl aufgefallen, welch ein Licht aus seinem Leben strahlt. Die Mitgefangenen berichten, inmitten der sehr herausfordernden Situation, ist er ein strahlendes Licht. Høybråten erzählt, dass er Sigurd Bratlie auch als einen demütigen Mann erlebt.

Bratlie ist sehr zurückhaltend, sich klagend über das Erlebte zu äußern, als er nach den Bedingungen im Gefängnis gefragt wird. „Das Essen schmeckt mir. Es gibt viel Reis und Suppe. Später finde ich heraus, dass wir von dieser Suppe einen Ausschlag bekommen. Und mit Läusen zu leben, muss ich auch lernen.„, antwortet der 73-Jährige auf seine humorvolle, gute Art.

Fernsehreportage auf NRK (Norwegischer Reichsrundfunk)

Sigurd Bratlie erregt viel Aufmerksamkeit, als er aus Bagdad nach Hause kommt. Siehe Reportage von NRK in Dagsrevyen (Tagesschau) vom 13. April 1979:

Rede

Höre die Dankesrede von Sigurd Bratlie in Brunstad, an Ostern 1979, als er eben aus dem Gefängnis im Irak freikommt.

Buch

Mehr über diese dramatische und spannende Geschichte aus den 70er-Jahren, gibt es im Buch „Oppdrag Bagdad“ (Mission Bagdad) von Kjell Arne Bratli

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